JAKOB BRODER

BILDHAUER, ZEICHNER, MALER

Schlüsselreize. Haare, Augen, Münder, Fingerkuppen sachte aufgesetzt in der Nähe prall schwellender Lippen. Nägel, hochglanzrot. Eine Wange, die sich an eine Hand schmiegt. Lang und sanft geschlossene Lider. Köpfe, weit in den Nacken gebogen. Von schräg unten gesehene Gesichter, Nasenlöcher, Jochbeine. Feucht glänzende Haut, Flaum, Poren. Gesäße, fast berührt durch Stiefelspitzen. Sand auf der Haut. Luftig, weich umschmeichelte Körperteile oder drall verpackte, fast gepanzerte Formen, alles schier taktil präsent. Aufeinander gepresste Körperfalten, Schenkel, Schamhaar, Stilettos und Kaskaden von Stoff, Plissee-Regen und Pelz, Rüschen, feine und grobe schwarze Maschen, Samt und Satin, satt gefärbt. Umhüllung wird als Inszenierung decouvriert, die auf Entblößung hinaus will. Die Texturen – überscharf und übergroß reproduziert –, provozieren das imaginativ-erinnernde Nachempfinden, punktuell, so wie Körper sich eben anfühlt, der eigene Körper, der erlebte Körper, der weibliche Körper, lustvoll in Partien oder schmerzhaft, lebendig an Stellen, auf die wir uns konzentrieren können, denen unsere Aufmerksamkeit gehört oder auf die wir die Aufmerksamkeit dessen lenken wollen, der uns betrachtet. Wir fühlen nicht permanent unseren ganzen Körper, sondern tasten ihn mit Bewusstsein gleichsam von innen ab, uns durch ihn vor, situativ, je nach momentaner Intention, Lage oder Anforderung. Das Textile tritt in Dialog mit Haut und Nerven. Und Kleidung stimuliert als Reiz eben sowohl die Aufmerksamkeit des Trägers als auch die des Betrachters, also eine doppelte Wahrnehmung – optisch und haptisch. Die visuelle Präsenz dieser Körper-Rudiment-Bilder bedient sich der Ästhetik des Close-ups, der Optik der Erotik – die Nahaufnahme simuliert visuell Berührung, den Liebesakt. WEITERLESEN...

© 2017 Kirsten Voigt

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